Nachdem bereits das Oö. Raumordnungsgesetz (Oö. ROG 1994) mit 01.01.2021 – wir haben berichtet – novelliert wurde, treten nun am 01.09.2021 auch die Novellierungen der Oö. Bauordnung (Oö. BauO 1994) und des Oö. Bautechnikgesetzes (Oö. BauTG 2013) durch die Oö. Bauordnungs-Novelle 2021 (LGBl. Nr. 55/2021) und die Oö. Bautechnikgesetz-Novelle 2021 (LGBl. Nr. 56/2021) in Kraft – eine Novelle die ganz im Zeichen von Verwaltungsvereinfachung, Einsparung und Nachhaltigkeit steht.

Einschränkung des Anwendungsbereichs der Oö. BauO 1994

Der Anwendungsbereich der Oö. BauO 1994 wird in § 1 eingeschränkt, wobei einige der neuen Einschränkungen lediglich sprachliche Klarstellungen aus der gelebten Verwaltungspraxis der vergangenen Jahre darstellen. So waren etwa bereits schon bisher Anlagen zur Wasserversorgung (und damit Hausbrunnen), Abwasserentsorgung oder Energiegewinnung vom Anwendungsbereich der Oö. BauO 1994 ausgenommen.

Jagdliche Ansitzeinrichtungen bis zu einer bis zu einer Bodennutzfläche von 3 m² sollen ebenso vom Anwendungsbereich ausgenommen sein, wie auch Wildzäune, die aber dennoch – wohl aus einem Redaktionsversehen heraus – weiterhin als anzeigefreies Bauvorhaben geführt werden. Gipfelkreuze, Materl und dergleichen unterliegen ebenso nicht mehr der Oö. BauO 1994 wie etwa die dem Oö. Veranstaltungssicherheitsgesetz unterliegende Nutzung bestehender baulicher Anlagen.

Weitreichende Änderung der bewilligungs- und anzeigefreien Bauvorhaben

Die Tatbestände der bewilligungs- und anzeigefreien Bauvorhaben in § 26 Oö. BauO 1994 werden erheblich erweitert. So werden Ladestationen für Elektrofahrzeuge genauso wie lediglich privat genützte Anlagen zum Grillen, Backen, Dörren oder Selchen, soweit es sich nicht um Gebäude oder Schutzdächer handelt, bewilligungs- und anzeigefrei gestellt. Ebenso werden Spielhäuschen und ähnliche Einrichtungen – auch außerhalb eines Spielplatzes – anzeigefrei gestellt.

Nicht Wohnzwecken dienende, ebenerdige, eingeschossige und freistehende Gebäude und Schutzdächer, soweit sie im Bauland liegen und eine bebaute Fläche von 15 m² nicht überschreiten, werden in die Liste der bewilligungs- und anzeigefreien Bauvorhaben aufgenommen. Nicht Wohnzwecken dienende ebenerdige (eingeschossige) Gebäude von bis zu 35 m² (bis jetzt 15 m²) bebauter Fläche und Schutzdächer (Carports) von bis zu 50 m² (bis jetzt 35 m²) bebauter Fläche unterliegen fortan (bloß) einer Anzeigepflicht.

Im Katalog der anzeigepflichtigen Bauvorhaben im Sinne des § 25 Oö. BauO 1994 wird für Schwimm- oder Löschteiche sowie Schwimm- und sonstige Wasserbecken die Grenze der Wasserflächen von 35 m² auf 50 m² angehoben, womit etwa regelmäßig Pools von der baubehördlichen Anzeigepflicht ausgenommen sein werden.

Die sonstigen bau- und raumordnungsrechtlichen Bestimmungen, wie etwa die der Widmungskonformität, gemäß § 49 Abs 6 Oö. BauO 1994 gelten weiterhin.

Sonstige Vereinfachungen und Erleichterungen

Nach derzeitiger Rechtslage sind Bauansuchen gemäß § 30 Abs 6 Oö. BauO 1994 bereits im Vorprüfungsverfahren abzuweisen, wenn sie nicht mit dem Flächenwidmungs- oder Bebauungsplan oder der Erklärung eines Neuplanungsgebiets in Einklang zu bringen sind. Zur Verfahrensbeschleunigung soll ein vollständiges Ermittlungsverfahren und eine mündliche Bauverhandlung möglich werden, wenn mit einer hohen Wahrscheinlichkeit von einer entsprechenden Änderung des Flächenwidmungs- bzw Bebauungsplanes ausgegangen werden kann. Die Erlassung eines Bescheides kann selbstverständlich erst dann erfolgen, wenn eine Übereinstimmung mit dem Flächenwidmungs- und Bebauungsplan gegeben ist.

Einem Antrag auf Bau- und Bauplatzbewilligung müssen gemäß §§ 4, 5 und 9 Oö. BauO 1994 künftig Unterlagen nicht mehr angeschlossen werden, die öffentlichen Registern zu entnehmen sind, wie etwa ein allgemeiner Grundbuchsauszug, ein Auszug aus dem Grundstücksverzeichnis und in bestimmten Fällen darüber hinaus auch ein Auszug aus der Katastralmappe. Diese werden künftig von der Behörde selbst abgerufen. Der vorzulegende Grundstücksplan kann sich auf bestehende Gebäude und Schutzdächer beschränken.

Ebenso wird die Baufreistellung – die Bauanzeige, welche die Erklärung der Nachbarn enthält, keine Einwendungen zu erheben, sowie eine Bestätigung des Planverfassers, dass die Bauvorschriften sowie ein allfälliger Bebauungsplan eingehalten werden –, die schon bisher in der Praxis gut angenommen wurde, nun in § 24a Oö. BauO 1994 gesondert geregelt. Bei Wohn- und Betriebsgebäuden werden Einschränkungen hinsichtlich der Größe festgelegt.

Bei einem Neubau mit mehr als drei Wohnungen gemäß §§ 46 und 48 Oö. BauTG 2013 können gemeinschaftliche Einrichtungen zum Trocknen der Wäsche unterbleiben, wenn die Wohnungen über entsprechende Abstellräume verfügen. Die Errichtung gemeinschaftlicher Anlagen zum Rundfunk- und Fernsehempfang ist nicht mehr vorgesehen. Die allgemeine Verpflichtung zur Errichtung von Schutz- bzw Sicherheitsräumen für sonstige Gebäude ist entfallen (nicht aber für jene Räume, in denen sich nach den einschlägigen Alarm- oder Einsatzplänen im Kriegs- oder Katastrophenfall Personen aufhalten müssen).

Nachträgliche Änderung des Baubescheids

Wie es etwa auch vergleichbar in anderen Materiengesetzen geregelt ist, regelt die Oö. BauO 1994 nun die Zulässigkeit und die Voraussetzungen der Aufhebung bzw. Abänderung von rechtskräftigen Auflagen oder Bedingungen in baurechtlichen Bescheiden, vor allem in Baubewilligungsbescheiden, wenn die Voraussetzungen für eine Vorschreibung nicht mehr vorliegen und zwar unabhängig von einer erfolgten Ausführung des bewilligten Bauvorhabens. Diese neu geschaffene Möglichkeit der Abänderung bedarf gemäß § 46 Oö. BauO 1994 eines begründeten Antrags und darf nur zugunsten des oder der Bauberechtigten oder des bzw der Rechtsnachfolger erfolgen.

Einschränkungen der Nachbareinwendungen / Erweiterung der Einwendungsmöglichkeiten zur heranrückenden Wohnbebauung

Immissionen von bis zu 30 Stellplätzen für Wohngebäude, Schulen oder Kinderbetreuungseinrichtungen sowie Einsatzorganisationen und Zivilschutzsirenen stellen nun schon gemäß § 2 Z 22 Oö. BauTG 2013 per Definition – neben den Geräuscheinwirkungen von Kinderspielplätzen, Kinderbetreuungseinrichtungen, Schulen für Schulpflichtige oder ähnlichen Anlagen – keine schädlichen Umwelteinwirkungen dar. Es kann daher dahingehend bereits von Vornherein ein aufwendiges Ermittlungsverfahren unterbleiben. Damit ist aber letztlich auch eine Einschränkung der Nachbarrechte verbunden.

Für Betriebe werden mit § 31 Abs 5 Oö. BauO 1994 die Einwendungsmöglichkeiten zur heranrückenden Wohnbebauung im Hinblick auf die Rechtsprechung des VwGH, wonach Einwendungen nur bei Gebäuden, die „ausschließlich oder zumindest vorwiegend für Wohnzwecke bestimmt sind“ möglich sind, dahingehend erweitert, dass Einwendungen auch bei teilweise Wohnzwecken dienenden Gebäuden möglich sind. Letztlich soll es einem Betrieb unabhängig vom Ausmaß der Wohnnutzung möglich sein, sich vor nachträglichen Auflagen zu schützen.

Nachträgliche rechtliche Sanierung bewilligungslos errichteter Gebäude

Grundsätzlich kann eine Baubewilligung nach der Oö. BauO 1994 nicht quasi „ersessen“ werden. Wurde bei der Errichtung eines Gebäudes von der Bewilligung abgewichen und war die Abweichung dann nach aktueller Rechtslage nicht genehmigungsfähig, drohten regelmäßig drastische Maßnahmen, wie etwa der Abbruch.

§ 49a Oö. BauO 1994 sieht nun vor, dass Gebäude, die vom Konsens abweichen (auch hinsichtlich der Situierung) sofern grundsätzlich um eine Baubewilligung angesucht wurde oder diese vermutet werden kann, nach 40 Jahren die Rechtswohltat einer nachträglichen rechtlichen Sanierung beantragt werden kann. Voraussetzung ist, dass das bestehende Gebäude im Bauland liegt, es sich um ein bestehendes Gebäude mit der Ausweisung als + Signatur (§ 22 Abs 2 Oö. ROG 1994) oder im Hofbereich eines land- oder forstwirtschaftlichen oder ehemaligen land- oder forstwirtschaftlichen Betriebs handelt.

Der lange Zeitraum von 40 Jahren ergibt sich dabei aus den verfassungsrechtlichen Vorgaben, da es letztlich nicht zu einer Bevorzugung rechtswidrig handelnder Bauherren kommen darf, zumal künftig der bloße Zeitablauf einen rechtswidrigen Zustand baurechtlich sanieren soll. Die Sanierung erfolgt mittels Feststellungsbescheid. Den Nachbarn kommt Parteistellung hinsichtlich des Vorliegens der gesetzlichen Erfordernisse einer Sanierung zu. Der Feststellungsbescheid führt dazu, dass § 49 Oö. BauO 1994 nicht mehr anwendbar ist und das Gebäude gemäß § 44 Oö. BauO 1994 benützt werden kann.

Nachhaltigkeit im Oö. Baurecht

Wie zuvor dargelegt, ist die Errichtung von E-Ladestationen hinkünftig anzeigefrei möglich. Auch die Anforderungen an den Bauplan werden in § 29 Oö. BauO 1994 an die immer weiter an Bedeutung gewinnende E-Mobilität angepasst. Dort sind Ladungspunkte und Leitungsinfrastruktur künftig darzustellen.

Gemäß § 35 Abs 4 Oö. BauTG 2013 soll es Gemeinden möglich sein, in einem Bebauungsplan vorzusehen, dass Dächer von Hauptgebäuden so auszuführen sind, dass Solaranlagen angebracht werden können. Die Dächer von Hauptgebäuden, ausgenommen Wohngebäuden mit nicht mehr als drei Wohnungen, sind möglichst so zu planen und auszuführen, dass darauf Solaranlagen für die Warmwasseraufbereitung und Stromerzeugung angebracht werden können.

Hinsichtlich Rankgerüste für Bauwerksbegrünungen wird in § 41 Oö. BauTG 2013 klargestellt, dass auch solche Bauteile im Seitenabstand (Bauwich) zulässig sind, womit auf neue Entwicklungen zum Schutz von Gebäuden vor Überhitzung und zur Verbesserung des Mikroklimas urbaner Bereiche reagiert wird. Ein Abstand von 2 m darf dabei nicht unterschritten werden.

Das nachträgliche Aufbringen von Wärmedämmungen an den Außenwänden oder auf der Dachhaut bringt grundsätzlich eine – wenn auch bloß geringfügige – Vergrößerung eines Gebäudes in waagrechter oder lotrechter Richtung mit sich. Mit der geplanten Ausnahme aus dem Zubaubegriff ist eine derartige Maßnahme in Hinkunft nicht mehr bewilligungs- oder anzeigepflichtig.

Gebäudehöhe/Gebäudeabstand

In den Begriffsdefinitionen trifft die Oö. Bautechnikgesetz-Novelle 2021 die Klarstellung, dass ein Mansarddach auf Grund des Volumens und des Erscheinungsbildes ein in die Gesamtgeschoßzahl einzurechnenden Geschoß darstellt und keinen Dachraum. Dachräume können künftig neben Fenstern auch Türen aufweisen, um die Errichtung von französischen Balkonen zu ermöglichen.

Nachweis der Trinkwasserversorgung

Künftig soll gemäß § 18 Oö. BauTG 2013 die nachgewiesene Trinkwasserversorgung durch eine Wassergenossenschaft eine Ausnahme vom Nachweis der ausreichenden Versorgung mit einwandfreiem Trinkwasser im Zuge der Baueinreichung darstellen. Das zulässige Alter des Trinkwasser-Inspektionsberichts (Wasserbefund) wird auf ein Jahr verlängert. Die durch den Klimawandel regelmäßig hervorgerufene Trockenheit der letzten Jahre führt nun dazu, dass die Trinkwasserversorgung auch quantitativ nachzuweisen ist.

Sollten Sie Fragen zur Novelle der BauO 1994, dem BauTG 2013 oder zu baurechtlichen Fragen im Allgemeinen haben, stehen Ihnen unsere Experten für Immobilienrecht und Öffentliches Recht (Verwaltungsrecht) gerne zur Verfügung.