Am 01.01.2017 tritt eine umfangreiche Erbrechtsreform in Kraft, bei der sämtliche gesetzlichen Bestimmungen des ABGB im Erbrecht „sprachlich“ modernisiert werden. Darüber hinaus sind aber wesentliche inhaltliche Änderungen enthalten.

Beispiele:

Im gesetzlichen Erbrecht:

  • Der Ehegatte/eingetragener Partner eines kinder- und elternlosen Verstorbenen erhält die gesamte Verlassenschaft und verdrängt Geschwister und Großeltern.

Im Pflichtteilsrecht:

  • Entfall des Pflichtteilsrechtes von Eltern und Vorfahren
  • Die Möglichkeit den Pflichtteil auf die Hälfte zu reduzieren, besteht nunmehr auch beim Ehegatten/eingetragenen Partner bei langjährigem fehlenden Kontakt.
  • Der Pflichtteil ist nicht immer in Geld zu leisten, er kann auch durch andere Zuwendungen gedeckt werden, beispielsweise durch Unternehmensanteile. Darüber hinaus besteht die Möglichkeit, dass der Erblasser eine Stundung des Pflichtteilsanspruches bis fünf Jahre (allerdings mit gesetzlichen Zinsen von 4 %) festlegt. Damit soll beispielsweise für Klein- und Mittelbetriebe gesichert sein, dass Erben die Pflichtteilsberechtigten nicht sofort auszahlen müssen, wenn dies den Fortbestand des Unternehmens gefährden würde.

Pflegevermächtnis:

  • Pflegende Angehörige erhalten zusätzlich zum gesetzlichen Erbe als gesetzliches Vermächtnis eine Abgeltung für ihre Pflegeleistung („Pflegevermächtnis“). Gerade diese Frage von Pflegeleistungen könnte mangels testamentarischer Anordnungen zu massiven Streitigkeiten zwischen den Angehörigen führen.

Anrechnungen:

  • Die Anrechnungsbestimmungen bei Schenkungen, Vorempfängen und Vorschüssen werden vereinheitlicht, was aber grundsätzlich zu unterschiedlichen Berechnungen gegenüber der derzeitigen Rechtslage führt. Grundsätzlich wird alles angerechnet, außer der Erblasser verfügt in der letztwilligen Verfügung den „Erlass“ einer solchen Anrechnung.

Letztwillige Verfügungen:

  • Im Testamentsrecht ist beim „fremdhändigen“ Testament zur Vermeidung von Fälschungen vorgesehen, dass die drei Zeugen gleichzeitig anwesend sein müssen und der Testator einen eigenhändigen Zusatz schreiben muss, dass die Urkunden seinen letzten Willen enthält. Auch die Identität der Zeugen muss aus der Urkunde eindeutig hervorgehen.

Die Zeit bis zum Inkrafttreten der Erbrechtsreform ist unbedingt unter Einschaltung einer rechtlichen Beratung zu nutzen und zwar sowohl von jenen Personen, die noch kein Testament gemacht haben, als auch von jenen, von denen bereits eine letztwillige Verfügung vorliegt.

Für beide Gruppen stellt sich die Frage, ob die geänderten gesetzlichen Rahmenbedingungen, die vor allem dann gelten, wenn keine letztwillige Anordnung getroffen wurde, (noch) ihrem Willen entsprechen oder ein Handlungsbedarf besteht, letztwillige Anordnungen zu treffen oder ein bestehendes Testament zu ändern, um ansonsten anzuwendende gesetzliche Rechtsfolgen zu verhindern.