In diversen Bauverfahren, in die unsere Kanzlei involviert ist, haben sich in der letzten Zeit für den Bereich der Stadt Linz spannende Rechtsfragen ergeben:

Über weite Bereiche von Linz gilt ein Bebauungsplan mit einer Geschoßanzahl „max. 2“ und einem Sternchenhinweis „Bebaubare Grundfläche pro Hauptgebäude einschließlich Neu- und Zubauten max. 200 m² zulässig“. Zusätzlich existiert eine Richtlinie für den Dachraum- und Dachgeschossausbau (Ediktalverfahren) mit einer schematischen Darstellung, wie Gaupen im Dachgeschossausbau gebaut werden dürfen.

Im Einzelfall entstehen erhebliche Interessensgegensätze zwischen Bauwerbern und Nachbarn. Bauwerber und deren kreative Architekten versuchen auch aus wirtschaftlichen Gründen, ein Höchstmaß der Bebauung zu erreichen; die Nachbarn versuchen, die bebauungsrechtlichen Einschränkungen durchzusetzen.

Beschwerdeverfahren des LVwG

Das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich hat in einem konkreten Beschwerdeverfahren am 21.03.2023 dazu eine „vorläufige Rechtsansicht“ bekannt gegeben:

  • Die in vielen Verfahren als „Gaupen“ bezeichneten Dachaufbauten erfüllen die gesetzliche Definition des Begriffes „Dachgaupe“ nicht. Demnach stellt eine Dachgaupe (lediglich) einen Dachaufbau für ein stehendes Dachfenster dar. Sofern diese „Dachaufbauten“ zusätzliche Funktionen übernehmen (z. B. baulich dadurch bewirkte Dachterrassen für darüber liegende Emporengeschoße), handelt es sich um keine Gaupe. Die Baubehörde kontrolliert daher im Einzelfall genau, ob es sich bei der Bezeichnung „Gaupe“ tatsächlich um eine „Gaupe“ handelt. In manchen Fällen zeigt sich, dass lediglich eine Erhöhung der zulässigen Geschoßanzahlen beabsichtigt war.
  • Bei der Berechnung der maximal bebaubaren Grundfläche pro Hauptgebäude bis 200 m² ist eine frühere Gesetzesänderung des Oö. Bautechnikgesetze zu berücksichtigen. Gemäß der Legaldefinition des § 2 Z 6 Oö. Bautechnikgesetz wird die bebaute Grundfläche als jener Teil des Grundstücks definiert, der von den äußersten Begrenzungen des Grundrisses einer über das Gelände hinausragenden baulichen Anlage bedeckt wird. Damit sind also bei der Berechnung der 200 m² neben der Wohnfläche selbst, auch alle weiteren Gebäudeteile wie Terrassen, Balkone, Loggien, Schächte und sonstige vergleichbare baulichen Anlagen einzurechnen. Im konkreten Fall kommt daher das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich zur Rechtsansicht, dass neben Erkern auch Balkone geschoßbezogene Grundflächen bilden und daher von der 200 m² Grenze miterfasst sind. Viele Projekte haben auf diese Beschränkung nicht Rücksicht genommen, sondern derartige Bestandteile des Gebäudes bei der Berechnung der 200 m² Grenze ausgenommen. In anhängigen Verfahren wird es daher zu einer grundlegenden Umplanung des Projektes kommen müssen.

Sowohl Bauwerber bei der Projektierung als auch Nachbarn, die ein Nachbarprojekt kritisch hinterfragen, sind gut beraten, rechtzeitig rechtsfreundliche Hilfe in Anspruch zu nehmen, da sie letztlich jedes Projekt einzeln betrachten und juristisch analysieren müssen.

Unsere Baurechts-Experten unterstützen Sie gerne bei Fragen zu diesem Thema.

(Autor: Dr. Michael Metzler)