Die Bundesministerin für Justiz hat mit Kundmachung BGBl II 81/2023 am 30.03.2023 mit Wirkung ab 01.04.2023 die Richtwerte angepasst. Sie hatte auch keine andere Wahl, weil § 16 Abs 6 Mietrechtsgesetz (MRG) eine obligatorische Anpassung anordnet. Ein Eingriff in die von den Richtwerten oder dem Kategorie-Mietzins nicht betroffenen Mietverträge, bedürfte einer Änderung des MRG. Zu dieser hat sich der Gesetzgeber allerdings nicht entschlossen. Ein solcher Eingriff wäre auch im Lichte eines staatlichen Eingriffes in bestehende Rechtsverhältnisse problematisch. Diese Änderung der Richtwerte wurde als Mietzinserhöhung um rund 8,6 % in den Medien publiziert.
Am 07.06.2023 wurden mit BGBl II 170/2023 mit Wirkung ab 01.07.2023 auch die Kategorie-Mietzinse angepasst. Auch diese Anpassung war gesetzlich obligatorisch erforderlich.
Zum Verhältnis „Kategorie-Mietzins“ zu „Richtwert-Mietzins“ jeweils im Vollanwendungsbereich des MRG:
- Die Kategorie-Mietzinse gelten für Vertragsabschlüsse zwischen dem 01.01.1982 und dem 28.02.1994.
- Die Richtwert-Mietzinse gelten für Vertragsabschlüsse seit dem 01.03.1994.
Damit ist die horrende Inflation auch im Bereich der von den Richtwerten und Kategoriewerten erfassten Mietverträge angekommen. Speziell bei diesem Anwendungsbereich ergeben sich Missverständnisse.
Negativer Geltungsbereich
Das Richtwertgesetz betrifft nur jene Mietverträge, in denen keine freie Mietzinsvereinbarung möglich ist. Sie gilt daher nicht
- wenn das MRG überhaupt nicht anwendbar ist. Dies ist der Fall bei Pachtverträgen, bei Bestandverträgen über unbebaute Grundstücke und im Bereich von Vollausnahmen vom MRG. Diese sind beispielsweise Dienstwohnungen oder Mietgegenstände in Gebäuden mit nicht mehr als zwei selbstständigen Objekten, also nicht bei Mietverträgen über Ein- oder Zweifamilienhäuser;
- im Teilanwendungsbereich des MRG, beispielsweise freifinanzierter Neubau nach 30.06.1953 oder Mietgegenstände im Wohnungseigentum nach 08.05.1945;
- bei gesetzlichen zulässigen freien Mietzinsvereinbarungen, z.B. Geschäftsräumlichkeiten oder Wohnungen der Ausstattungskategorie A oder B über 130 m².
Diese Fälle sind also von den Richtwerten nicht betroffen und die Gültigkeit einer Mietzinsvereinbarung und einer Wertsicherungsklausel ist nach den regulären zivilrechtlichen Maßstäben zu beurteilen. Diese Mietverhältnisse waren also auch schon vor dieser Mietzinserhöhung der vollen Inflation ausgesetzt. Dabei muss man allerdings davon ausgehen, dass es absoluter Standard ist, in Mietverträgen Wertsicherungsvereinbarungen abzuschließen.
Im daher nur eingeschränkten Anwendungsbereich haben sich diese Richtwerte und Kategoriewerte erhöht. Hierbei handelt es sich allerdings nicht nur um „neue Verträge“, sondern auch um die Anwendung bestehender Wertsicherungsvereinbarungen, die eben bis zu diesen Richtwerten zulässig, darüber hinaus unwirksam sind.
Insofern sind die Richtwertänderungen auch auf bestehende Verträge anzuwenden.
Zu beachten ist weiters, dass Richtwerte – wie der Name schon sagt – keine fixen Mietzinse darstellen, sondern der höchstzulässige Mietzins anhand dieses Richtwertes (mietrechtliche Normwohnung) durch Zuschläge oder Abstriche final zu errechnen ist (Zweckbestimmung der Wohnung, Lage, Ausstattung, Erhaltungszuschlag usw.).
Vermieter und Mieter sind aufgrund dieser komplexen Regelungsverhältnisse und eines Bündels von Regelungen, Ausnahmen und Ausnahmen von den Ausnahmen beim Thema Mietzinserhöhung gut beraten, sich im Einzelfall als Vermieter betreffend die höchstzulässige Mietzinshöhe oder als Mieter über eine Unzulässigkeit eines verlangten Mietzinses rechtlich beraten zu lassen.
Unsere Rechtsexperten beraten Sie gerne bei Fragen und Anliegen zu diesem Thema!
(Autor: Dr. Michael Metzler)