Das österreichische Gewährleistungsrecht wird durch das Gewährleistungsrichtlinien-Umsetzungsgesetz (GRUG), BGBl I 175/2021, reformiert. Die Reform betrifft den B2C-Bereich, also Verbraucherverträge, und gilt für alle Verträge, die ab 1.1.2022 geschlossen werden. Im Fokus steht dabei die fortschreitende Digitalisierung.

Neu ist nämlich vor allem die detaillierte Regelung der Gewährleistung für digitale Leistungen (das sind digitale Daten, zB Downloads, Software, Apps, Spiele, Musik oder E-Books und deren Zur-Verfügung-Stellung). Bisher galten für den Handel mit digitalen Inhalten die allgemeinen Regeln, ab 1.1.2022 ist eine Vielzahl an Details zu berücksichtigen. Insbesondere Unternehmer im digitalen Bereich müssen sich daher mit der Novelle auseinandersetzen und ihre AGB einem Check unterziehen.

Zum neuen System

Kern der Reform ist ein neues Gesetz, das VGG (Verbrauchergewährleistungsgesetz). Ab 2022 sind daher im Verbrauchergewährleistungsrecht drei Gesetze anzuwenden: VGG, ABGB und KSchG.

Für ab 1.1.2022 geschlossene Verträge bedarf es zukünftig daher einer genauen Abgrenzung, welches Gesetz anwendbar ist.

Das VGG gilt für Verträge im B2C-Bereich (Verbrauchergeschäft) über:

  • den Kauf von Waren (bewegliche körperliche Sachen), einschließlich solcher, die noch herzustellen sind,
  • die Bereitstellung digitaler Leistungen (digitale Inhalte und Dienstleistungen); erfasst sind auch Verträge, bei denen die Gegenleistung „nur“ in der Hingabe personenbezogener Daten des Verbrauchers liegt;
  • Ausnahmen vom VGG: andere als digitale Dienstleistungen, Gesundheits-, Glücksspiel-, Finanzdienstleistungen, Kauf von Tieren.

Das ABGB gilt für alle übrigen Verträge, das sind:

  • B2B (beidseitig unternehmensbezogene Geschäfte)
  • C2C (Privatgeschäfte)
  • Im B2C (Verbrauchergeschäfte):
    • unbewegliche Sachen (Liegenschaften)
    • Tauschverträge
    • andere als digitale Dienstleistungen (Werkverträge)
    • Verträge über den Kauf von Tieren
    • Gesundheits-, Glückspiel- und Finanzdienstleistungen

Im KSchG finden sich einige Spezialregelungen zum Rücktritt im Verzugsfall und zur vertraglichen Garantie, insbesondere im Zusammenhang mit Werbeaussagen.

Leider unterscheiden sich die Gesetze in den Details. Wesentliche Unterschiede zwischen ABGB und VGG finden sich im Mangelbegriff, dem Abbedingungsverfahren und den verlängerten Fristen des VGG (die Vermutungsfrist beträgt im ABGB-Regime weiterhin sechs Monate).

Für Verträge im VGG-Regime gilt ab 2022

Wesentliche Änderungen im B2C-Bereich betreffen den Mangelbegriff. War bisher ein subjektiver Mangel haftungsauslösend, muss der Unternehmer nun auch für objektive Mängel einstehen (geschuldet sind nicht nur die vertraglich vereinbarten Eigenschaften, sondern auch die objektiv erforderlichen Eigenschaften).

Für digitale Leistungen kommt eine Aktualisierungspflicht (Updates) des Unternehmers hinzu und zwar für den gesamten Bereitstellungszeitraum, mindestens jedoch für zwei Jahre.

Die Gewährleistungsfrist für Waren bleibt mit zwei Jahren ab Übergabe grundsätzlich gleich. Für Waren mit digitalen Elementen (Smartphone) umfasst die Gewährleistungspflicht den Bereitstellungszeitraum, mindestens jedoch zwei Jahre. Für digitale Leistungen umfasst sie den Bereitstellungszeitraum. Zur Gewährleistungsfrist hinzu tritt die dreimonatige Verjährungsfrist. Binnen drei Monaten nach Ablauf der jeweiligen Gewährleistungsfrist kann der Verbraucher sein Recht gerichtlich geltend machen. Neu ist, dass die Vermutungsfrist von sechs Monaten auf ein Jahr verlängert wird, das heißt, innerhalb eines Jahres ab Übergabe wird vermutet, dass der Mangel bei der Übergabe schon vorlag. Bei digitalen Leistungen ist der gesamte Bereitstellungszeitraum umfasst.

Eine wesentliche Erleichterung für den Verbraucher liegt darin, dass er sein Gewährleistungsrecht künftig formfrei (z. B. Email) geltend machen kann. Dem Unternehmer wird zumindest ein Zurückbehaltungsrecht des Kaufpreises eingeräumt, solange ihm die mangelhafte Ware vom Verbraucher nicht zurückgegeben wurde.

Die Regelungen des VGG sind relativ zwingend. Erst nachdem der Unternehmer den Verbraucher vom Mangel verständigt hat, kann eine Vereinbarung zum Nachteil des Verbrauchers geschlossen werden (Abbedingung). Eine Regelung in AGB scheidet damit jedenfalls aus.

Im B2B-Bereich ab 2022 neu

Eine Aktualisierungspflicht (Updates) und die dreimonatige Verjährungsfrist für Gewährleistungsansprüche betreffen auch den B2B-Bereich.

Im B2B-Bereich ist insbesondere zu beachten, dass das Rückgriffsrecht nach § 933b ABGB nicht mehr mittels AGB ausgeschlossen werden kann.

Fazit

Gefordert sind vor allem Unternehmer im digitalen Bereich. Die Aktualisierungspflicht hält hier sicher einige Herausforderungen bereit.

Für alle Unternehmer gleichermaßen gilt es, sich rechtzeitig damit auseinanderzusetzen, ob sie von der Reform betroffen sind und ob die AGB angepasst werden müssen.

Wenngleich die Rechte von Konsumenten (und jeder von uns ist schließlich zumindest in einem Teilbereich seines Lebens Konsument) gestärkt werden, hält die Reform auch für Konsumenten Herausforderungen bereit. Auf Grund der diffizilen Abgrenzungen wird es hinkünftig nicht mehr ohne weiteres möglich sein, seine Rechte schnell im Überblick zu haben.

Unsere Expertin für Konsumentenschutzrecht Mag. Laura Metzler unterstützt Sie in jedem Fall gerne.