In den vergangenen Jahren hat es immer wieder zahlreiche gerichtliche Entscheidungen gegeben, die sich mit der Ungültigkeit von AGB-Bestimmungen über pauschale Stornogebühren im Verbrauchergeschäft beschäftigten. Insbesondere die Klauseln, die Kunden mit einem höheren Prozentsatz (z. B. 20 %) belasteten, wurden wegen gröblicher Benachteiligung des Kunden gemäß § 879 Abs 3 ABGB in Prüfung gezogen (4 Ob 229/13z, 3 Ob 237/16y). Diese Rechtsprechung hat zu einer Unsicherheit in der Praxis geführt und die Frage aufgeworfen, wie mit der Ungültigkeit solcher AGB-Bestimmungen umzugehen ist.

Bei Ungültigkeit besteht kein Zahlungsanspruch – auch nicht aus allgemeinem Zivilrecht

Ungeklärt war bislang, ob trotz der Ungültigkeit der AGB-Bestimmung über die Stornogebühr das subsidiäre Gesetzesrecht Anwendung findet. Konkret geht es dabei zum Beispiel um § 921 ABGB, der den Schadenersatz bei Vertragsrücktritt regelt, oder § 1168 ABGB, der den eingeschränkten Werklohnanspruch des Unternehmers bei Auftragsstornierung durch den Kunden betrifft. Die Frage, ob in Folge einer Stornierung trotz der Ungültigkeit der Stornogebühr unmittelbar auf gesetzlicher Grundlage eine Zahlung des Kunden verlangt werden kann, war offen und führte zu einer unklaren Rechtslage.

Diese Ungewissheit wurde nun durch eine aktuelle Entscheidung des Obersten Gerichtshofs (4 Ob 236/22t) beseitigt. Der OGH kommt zu folgendem Ergebnis: Die Ungültigkeit einer AGB-Bestimmung über pauschale Stornogebühren führt dazu, dass der Unternehmer auch aus dem allgemeinen Zivilrecht keinen Zahlungsanspruch ableiten kann. Somit trifft den Kunden keine Zahlungspflicht, selbst wenn der Unternehmer z. B. bereits Leistungen erbracht oder Aufwendungen getätigt hat.

In seiner Entscheidung beruft sich der OGH auf die jüngste Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs (EuGH). Der EuGH begründet diese drastische, wirtschaftlich unbillig anmutende Rechtsfolge damit, dass ein Abschreckungseffekt erzielt werden soll und Unternehmen davon abgehalten werden sollen, derartige AGB-Bestimmungen zu verwenden (C‑229/19 ua, C‑625/21).

Handlungsmöglichkeiten betroffener Unternehmer

Für Unternehmen, die im Verbrauchergeschäft tätig sind, ist es daher dringend anzuraten, Stornogebühren im Zweifel aus ihren AGB zu streichen oder auf ein unverdächtiges, belegbares Maß anzupassen. Pauschale Stornogebühren sind nicht generell gröblich benachteiligend, sondern müssen der Höhe nach begründbar sein. Alternativ kann durch die Streichung der Stornogebühr (immerhin) die Anwendbarkeit der gesetzlichen Regelungen (z.B. Schadenersatz bei Rücktritt gemäß § 921 ABGB, Werklohnanspruch gemäß § 1168 ABGB) sichergestellt werden. Ansonsten laufen Unternehmen Gefahr, bei Auftragsstornierung durch den Kunden trotz Leistungserbringung oder bereits getätigter Aufwendungen völlig „durch die Finger zu schauen“.

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